22.07.2022
Der Umstieg auf Elektromobilität ist eine Herausforderung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das MAN eMobility Center bereitet sie auf die Zukunft vor.
Die Fertigung von Elektro-Lkw in großen Stückzahlen erfordert neue Produktionsprozesse – denn E-Trucks unterscheiden sich von herkömmlich angetriebenen Modellen beispielsweise durch neue Komponenten wie Batterie, E-Motor, Leistungselektronik und Hochvoltkabel. Außerdem wird der Umstieg auf die neue Antriebstechnik nicht auf einen Schlag erfolgen. Stattdessen werden bei MAN in München zunächst konventionell und batterieelektrisch angetriebene Trucks in einem gemeinsamen Serienband produziert.
Das ist eine große Herausforderung für Maschinen und Technik, aber auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Darum hat MAN Mitte Juni 2021 das eMobility Center in München eröffnet. Dort werden Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Hochvolttechnologie geschult und lernen, abwechselnd konventionelle und elektrisch angetriebene Lkw zu fertigen. Bisher haben schon über 1.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Training „Hochvoltsensibilisierung“ absolviert, Ende des Jahres werden es bereits 2.000 sein. Und bis Ende 2023 sollen alle relevanten Fachkräfte der Lkw-Produktion in München für die Serienproduktion von Elektro-Lkw qualifiziert werden.
Training für die Zukunft: Im eMobility Center lernen die Mitarbeiter, abwechselnd konventionelle und elektrisch angetriebene Lkw zu fertigen.
„Wir waren bis jetzt die Dieselspezialisten und haben bei Null angefangen“, sagt Peter Pjetraj, der Verantwortliche für die Mitarbeiterqualifikationen im Bereich E-Mobility bei MAN, über das vergangene Jahr im eMobility Center in München. Die Arbeit an der Hochvolttechnik ist zwar nicht komplexer als bei konventionellen Antrieben. Aber sie erfordert einen akribischen Umgang mit der Technik, schon aus Gründen der Sicherheit. Gefragt waren darum neue Schulungskonzepte für die Qualifikation der Produktionsmitarbeiter – mit dem Ziel, sie rechtzeitig für den 2024 geplanten Anlauf der Serienproduktion fit zu machen.
Das eMobility Center spielt dabei eine entscheidende Rolle, denn hier erproben und entwickeln die Experten der MAN Academy gemeinsam mit ausgewählten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die neuen Lehrinhalte und -methoden. „Diese Multiplikatoren sind als erste qualifiziert und sollen später ihr Wissen an ihre Kollegen in der Serienproduktion weitergeben“, erklärt der Leiter der MAN Production Academy, Dr. Phillip Attig. Das eMobility Center dient aber auch als Keimzelle, um die neu geforderten Fertigkeiten überhaupt erst zu identifizieren, Arbeitsprozesse zu planen und daraus geeignete Schulungen abzuleiten, Schulungsinhalte festzulegen und Schulungsmaterial bereitzustellen. Inzwischen sind die ersten Multiplikatoren zu 100 Prozent geschult und bereit, ihr Wissen weiterzugeben.
Sicherheit steht im eMobility Center an erster Stelle
Nach einem Jahr hat das eMobility Center die ersten Hürden gemeistert und die wichtigsten Grundsteine für eine parallele Serienproduktion von konventionellen und E-Trucks an einem Band gelegt. Die frühe Einbeziehung der Produktion in Entwicklungsprozesse und die Nutzung von Erfahrungen und Ideen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brachte viele neue, positive Erfahrungen in der interdisziplinären Zusammenarbeit. „Es ist absolut wesentlich, dass auch die Stimme der Produktion gehört wird“, sagt Michael Neukam (PTPV), Leiter Vorseriencenter/ Pilothallenforum. „Hier sehen wir gerade die ersten Früchte dieser Arbeit.“
Viel Detailarbeit war nötig, um den Übergang zu E-Mobilität auf den Weg zu bringen. Ein erster Schritt war dabei, die eminent wichtige Hochvoltsicherheit herzustellen. „Dazu haben wir ein Sicherheitskonzept entwickelt, das Basiswissen der Mitarbeitenden geschult und die Zugangskontrollen verschärft“, sagt Neukam, der die Weiterqualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einem guten Weg sieht: „Ab 2024 wollen wir mit der Produktion soweit sein, dass wir die eTGX-Baureihe in der Hauptmontagelinie bauen können.“
Erfolg: Nach einem Jahr ist klar, dass der Schritt in die neue Produktwelt geglückt ist.
Derzeit ist die Serienproduktion im eMobility Center im Maßstab 1:6 abgebildet: „Am Band gibt es zehn statt 60 Plätze, dadurch ist der Takt deutlich länger, die Mitarbeitenden haben statt fünf Minuten eine Stunde Zeit“, erklärt Holger von der Heide, Planungsleiter Produktion Truck. Hier wird die zukünftige Mischproduktion von konventionellen und alternativ angetriebenen Lkw über ein Serienband in München vorbereitet.
„Nach einem Jahr ist klar geworden, dass wir für MAN und den Standort München einen sehr erfolgreichen Schritt in die neue Produktwelt der alternativen Antriebe gemacht haben“, resümiert von der Heide. Zwar unterscheide sich ein E-Truck technisch sehr stark von einem Diesel-Lkw, doch nach anfänglicher Skepsis bei manchen Mitarbeitern überwiege nach kurzer Zeit die Begeisterung. „Es ist einfach toll, sich mit einer modernen, zukunftsweisenden Technologie zu beschäftigen“, erklärt von der Heide.
Qualifikation der Mitarbeiter plus Investitionen in Milliardenhöhe: Bei MAN sind die Weichen in die Zukunft gestellt. So kann das Unternehmen den wichtigen Schritt zu einem robusten Unternehmen und in eine nachhaltige und klimafreundliche Transformation des Transportwesens gehen.
Text: Ralf Kund
Fotos: MAN