Mobilität 4.0: Selbstfahrende Fahrzeuge, Lkw-Kolonnen auf Autobahnen, ohne dass die Fahrer das Lenkrad berühren, ein vollautomatischer Containerumschlag – alles reine Zukunftsmusik? Von wegen! Gerade in der Transportbranche bietet das automatisierte Fahren viel Potenzial hinsichtlich Effizienz und Sicherheit. Und das schon heute, wie MAN in zahlreichen Pilotprojekten unter Beweis stellt. Aber es gilt auch Herausforderungen zu meistern auf dem Weg zum vollautonomen Fahrzeug. Ein Überblick.
Welche Vorteile bietet das autonome Fahrzeug und welche Technik kommt überhaupt zum Einsatz? Die wichtigsten Fragen und Antworten zu einem komplexen Thema.
Das selbständige, zielgerichtete Fahren eines Fahrzeugs im realen Verkehr mittels der Kombination verschiedener Systeme, die teilweise oder vollständig das Steuern, Beschleunigen und Bremsen übernehmen, basierend auf bordeigenen Sensoren und Daten zur Berücksichtigung der Fahrzeugumgebung.
Die Kommunikation zwischen Fahrzeugen untereinander (Car-to-Car) sowie mit der Infrastruktur, etwa mit Ampelanlagen oder Verkehrsleitsystemen (Car-to-Infrastructure).
Mehr Verkehrssicherheit: Car-to-X-Kommunikation warnt den Fahrer rechtzeitig vor Gefahren, bei automatisierten Fahrten kann das Fahrzeug zudem selbständig bremsen oder die Spur wechseln. Neben der Sicherheit kann Automatisierung zu mehr Effizienz und Ressourcenschonung beitragen.
Um die Automatisierungsgrade zu klassifizieren, wurden auf nationaler und internationaler Ebene sechs Stufen von 0 bis 5 definiert. Die Klassifizierung beschreibt die Aufgaben des Systems sowie die Anforderungen an den Fahrer vom lediglich assistierten Fahren bis hin zum vollautonomen Fahren, bei dem das Fahrzeug ganz ohne Fahrer fährt.
Assistiertes und teilautomatisiertes Fahren (Stufen 1 und 2) steht mit dem deutschen Straßenverkehrsrecht sowie mit internationalen Vorgaben im Einklang, die das Beherrschen respektive Führen des Fahrzeugs durch einen Fahrer voraussetzen. Anders ist der Fall beim hochautomatisierten Fahren (Stufe 3), bei dem sich der Fahrer während der Fahrt anderen Dingen als dem Fahren zuwenden kann. Durch Rechtsänderungen auf nationaler und internationaler Ebene in den Jahren 2016 und 2017 wurde der Raum für das automatisierte Fahren jedoch deutlich erweitert. Es wird derzeit diskutiert, ob die Neuregelung nur für die Stufe 3 oder auch bereits für Stufe 4 (vollautomatisiertes Fahren) Rechtssicherheit schafft. Fest steht: Das autonome Fahren (Stufe 5) wird noch nicht erfasst.
Die Bundesregierung ebnet den Weg für eine moderne, saubere, barrierefreie und bezahlbare Mobilität – und setzt dafür auf digitale Innovationen sowie auf Technologien für das automatisierte und vernetzte Fahren und auf die Anwendung von Methoden der künstlichen Intelligenz. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) fördert daher Forschung und Innovation in diesen Bereichen.
Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat das BMVI etwa im Juli 2019 den Aktionsplan „Forschung für autonomes Fahren“ beschlossen. Drei Leitlinien haben die Ministerien dafür definiert:
MAN Truck & Bus treibt die Automatisierung im Transportwesen Schritt für Schritt voran – nicht auf theoretischem Konzeptpapier, sondern mit Praxisprojekten im Realbetrieb. Und immer auf Grundlage konkreter Kundenanwendungen, die mit einem echten Mehrwert verbunden sind. Ein Überblick über bereits abgeschlossene und laufende Automatisierungsprojekte made by MAN.
Gemeinsam mit sieben Partnern aus Industrie, Forschung und Verwaltung hat MAN im Forschungsprojekt aFAS („automatisch fahrerlos fahrendes Absicherungsfahrzeug für Arbeitsstellen auf Bundesautobahnen“) den Prototypen eines Absicherungsfahrzeugs entwickelt und erprobt: Ein MAN TGM 18.340 mit Kameras, Radaren, diversen Assistenzsystemen, zum Teil speziell entwickelter Umgebungssensorik und integrierter Objekt- und Fahrstreifenerkennung folgte dabei fahrerlos und vollautomatisiert in einem definierten Abstand den mobilen Baustellen auf dem Seitenstreifen von Autobahnen in Hessen.
Das Projekt EDDI („Elektronische Deichsel – Digitale Innovation“) bot eine Weltpremiere: Fünf Monate lang fuhren Berufskraftfahrer erst Dummygewichte, dann reale Güter auf zwei MAN TGX-Gliederzügen mit maximal 80 Stundenkilometern zwischen DB-Schenker-Terminals in München und Nürnberg auf einer rund 145 Kilometer langen, digitalen Teststrecke auf der A9. Das hintere Fahrzeug folgte dabei dem Beschleunigen, Bremsen und Lenken des Führungsfahrzeugs – synchron, ohne aktives Eingreifen des Fahrers und mit rund 15 Meter Abstand. Möglich ist dies dank einer speziellen WLAN-Verbindung für die Car-to-Car-Kommunikation und mehrfach redundanter Sensorik sowie diverser Assistenzsysteme. In bestimmten Situationen, etwa an Autobahnkreuzen, wurde die Kolonne (englisch: platoon) aufgelöst.
Seit Ende 2018 treiben MAN Truck & Bus und die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) das Forschungs- und Erprobungsprojekt „Hamburg TruckPilot“ zur Entwicklung von Automatisierungslösungen voran. Dabei bewegen sich zwei mit entsprechenden elektronischen Automatisierungssystemen ausgestattete Prototypen-Lkw automatisiert innerhalb des Container Terminal Altenwerder am Hamburger Hafen (CTA) zwischen Check-in-Gate und Container-Blocklager.
Das Projekt ANITA („Autonome Innovation im Terminalablauf“) zielt auf einen effizienteren Containerumschlag von der Straße auf die Bahn und umgekehrt. Dafür erprobt MAN mit der Deutschen Bahn, der Hochschule Fresenius und der Götting AG unter realen Bedingungen den Einsatz eines vollautomatisierten Lkw am DUSS-Terminal in Dornstadt bei Ulm: Mit geschultem Sicherheitsfahrer an Bord soll sich der vollautomatisierte Lkw von MAN auf dem Containerdepot von DB Intermodal Services und auf dem Terminal in Dornstadt bewegen. Ein erfahrener Kranführer verantwortet den Containerumschlag. ANITA setzt neue Maßstäbe bei der Digitalisierung im kombinierten Verkehr. Aktuell wird die digitale Infrastruktur vor Ort eingerichtet.
Vehicle-to-Vehicle (V2V)-Technologie, sorgt dafür, dass verschiedene Fahrzeuge miteinander kommunizieren und so zum Beispiel in einem Platoon fahren können. Bisher funktionierte das nur zwischen Fahrzeugen einer Marke. Im Rahmen des EU-geförderten Projekts Ensemble haben die sieben europäischen Lkw-Hersteller zusammen mit verschiedenen Zulieferern und Partnern ein herstellerübergreifendes V2V-Kommunikationsprotokoll entwickelt. Der erste Platoon aus Fahrzeugen verschiedener Marken fuhr im September 2021 im Umland von Barcelona. Mittelfristig soll auf dieser Grundlage ein EU-Standard entstehen. Spediteure, die Fahrzeuge verschiedener Marken in ihrer Flotte haben, könnten diese dann zum Beispiel in einem Platoon kombinieren.
Assistiert, teilautomatisiert, hochautomatisiert, vollautomatisiert, autonom: Das sind die fünf Stufen auf dem Weg zum selbstfahrenden Fahrzeug. Und das bedeuten sie.
Es gibt keine automatisierten Fahrfunktionen, der Fahrer führt alle Fahrfunktionen, also die Längsführung (Geschwindigkeit halten, Gas geben, bremsen) und die Querführung (lenken), selbst aus. Es gibt nur unterstützende Systeme an Bord, die aber nicht eingreifen.
Die meisten moderne Fahrzeuge, so auch die Produkte von MAN, bieten schon heute eine Vielzahl an Systemen, die den Fahrer aktiv unterstützen, zum Beispiel beim Halten der Spur oder beim Halten von Abstand und Geschwindigkeit. Der Fahrer behält dabei aber zu jeder Zeit die volle und aktive Fahraufgabe und ebenso die Verantwortung.
Verschiedene Level-1-Systeme wie Spur-, Abstands-, und Geschwindigkeitsführung werden zu teilautomatisierten Fahrfunktionen kombiniert. Unter definierten Rahmenbedingungen hält das Fahrzeug die Spur, bremst und beschleunigt selbstständig. Ein Beispiel hierfür ist der Stauassistent der neuen MAN Truck Generation, der in Stausituationen auf Autobahnen bis 60 km/h das Fahrzeug entsprechend der gegebenen Verkehrsbedingungen zum vorausfahrenden Fahrzeug selbstständig bewegt. Der Fahrer behält aber weiter die volle Verantwortung für die Fahraufgabe und die Fahrsicherheit. Er muss die Fahrzeugsysteme permanent überwachen und jederzeit eingreifen, sollte die Situation es erfordern.
Der Fahrer muss die Längs- und Querführung des Fahrzeugs nicht mehr dauerhaft überwachen, muss jedoch weiter in der Lage sein, nach Aufforderung durch das System die Fahraufgabe zu übernehmen. Das System fordert den Fahrer zur Übernahme der Fahraufgabe auf, sobald es erkennt, dass die Umgebungsbedingungen nicht mehr dem Funktionsumfang des Assistenzsystems entsprechen.
Das Fahrzeug fährt auf vordefinierten Streckenabschnitten wie der Autobahn oder auf abgeschlossenen Geländen vollständig selbst, der Fahrer muss das System nicht permanent überwachen und kann während des vollautomatisierten Fahrens andere Aufgaben übernehmen oder das Fahrzeug sogar verlassen, zum Beispiel beim Containerumschlag auf einem Terminalgelände. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen bieten schon heute die Möglichkeit des Fahrens ohne Fahrer auf entsprechend abgeschlossenen und gesicherten Geländen. Ab Level 4 und höher muss dabei aber eine „Off-Board“-Kontrollebene vorhanden sein, die Fahreinsatz- und Fahraufgabe des Level-4-Fahrzeugs überwacht und steuert.
Das Fahrzeug kann vollumfänglich auf allen Straßentypen, in allen Geschwindigkeitsbereichen und unter allen Umfeldbedingungen die Fahraufgabe vollständig allein durchführen. Ein menschliches Eingreifen ist bis auf das Festlegen von Ziel und dem Systemstart nicht mehr nötig. Im Gegensatz zum Level 4 bedarf es beim Level 5 noch einer umfassenden technischen Weiterentwicklung der Systeme, aber auch umfangreicher gesetzlichen Rahmensetzungen und unterstützender Systeme der Verkehrsinfrastruktur.
Heute bereit für morgen: MAN treibt die Automatisierung voran – aber nicht um ihrer selbst willen, sondern immer in Projekten, die einen konkreten Kundenbedarf als Ausgangslage haben.
So ist MAN schon heute für die Mobilität der Zukunft gerüstet und wird genau die Dienstleistungen anbieten können, die der Markt fordert, sobald die Technologie die Serienreife erlangt hat. Außerdem kommt der Hersteller durch sein Engagement in innovativen Projekten seiner Verantwortung nach, die Sicherheit seines Gesamtsystems zu gewährleisten.
MAN hat dabei drei große Schritte im Visier:
Erst wenn die Technologie in den ersten beiden Schritten ihre zuverlässige Sicherheit unter Beweis gestellt hat und wenn die behördlichen Genehmigungsverfahren geklärt sind, wird MAN die Hub-to-Hub-Anwendung auf der Straße erproben. Und damit auch der letzte Schritt hin zum autonomen Fahren Realität wird, bedarf es noch gesetzlicher Rahmenbedingungen sowie der Klärung rechtlicher Voraussetzungen.
Die digitale Zukunft der Logistik rückt in Sichtweite. Das Terminal 4.0 ist bereits Realität, in naher Zukunft erschließen fahrerlose Nutzfahrzeuge den Weg zur Logistik 4.0. Der sogenannte Hub-to-Hub-Verkehr ermöglicht den autonomen Gütertransport auf Bundesautobahnen und Bundesstraßen, zwischen wichtigen Logistik-Knotenpunkten. Noch mehr Informationen im Video zur MAN-Vision.