Veteranen der Oldtimerszene kennen dieses Fahrzeug schon lange: Seit 1979 befindet sich der gelbe MAN Hauber in Sammlerhand. Er trägt mit Würde noch immer seinen Erstlack.
Im Jahr 1956 lief dieser MAN 620 L1 in München vom Fertigungsband. Er wurde am 17. April desselben Jahres im nordrhein-westfälischen Aachen zugelassen. Sein erstes Kennzeichen lautete BR 184-863. BR steht für Britisch Rheinland. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Deutschland in die Besatzungszonen der vier Siegermächte aufgeteilt. Nordrhein-Westfalen lag in der Obhut der Briten.
Erstbesitzer des markanten Eckhaubers war die Ketschenburg Brauerei GmbH in Stolberg. Das bestätigt auch der Fahrzeugbrief. Der Name der heute nicht mehr existierenden Brauerei steht in großen roten Buchstaben auf dem gelb lackierten Lkw. Mit seinem typischen Bierfahrzeugaufbau mit den runden Geländern an der Pritsche kutschierte der Wagen in den folgenden Jahren unzählige Bierfässer durch das Rheinland. Bis in die 1970er-Jahre war der MAN bei der Brauerei im Einsatz, bevor ihn ein Sammler im Jahr 1979 erwarb.
Bei diesem Oldtimerfan in der Nähe von Aachen tat der MAN weiterhin seinen Dienst. Er wurde ein wenig durchrepariert und optisch ein bisschen aufgewertet. An seiner Anhängerkupplung hingen viele weitere Klassiker, die der Sammler von Schrottplätzen und Speditionshöfen gerettet hatte. Die Lkw-Oldtimerszene steckte vor rund 45 Jahren noch in den Kinderschuhen. Mit seinem 6-Zylinder-Motor vom Typ D1246M4 mit 8,3 Litern Hubraum und 120 PS war der 11,5 Tonner für die damalige Zeit recht gut motorisiert. Der Oldie hielt so den Verkehr nicht großartig auf. Damals war die Leistungsobergrenze für moderne Laster ja noch weit von den heutigen 600 PS und mehr entfernt.
Mitte der 1990er-Jahre wechselte der 620er wieder seinen Besitzer. Die Sammlung des Aacheners war erheblich gewachsen, sodass der Platz knapp wurde. Deshalb veräußerte der Sammler den Hauber an ein Museum im Frankfurter Raum. Von diesem Museum konnte Timo Pistorius den Lkw im Jahr 2019 erwerben. Er ist jetzt Bestandteil seiner Sammlung in der Veteranenhalle in Selters im Westerwald in Rheinland-Pfalz.
Die meisten Oldtimer, die ungefähr zur gleichen Zeit wie dieser MAN von Sammlern geborgen wurden, wurden danach mehrfach restauriert. Das ergibt sich oft durch Besitzerwechsel. In verschiedenen Farben und Aufmachungen waren solche Lkw immer wieder auf Oldtimertreffen in der Republik zu sehen.
Dieser MAN dagegen ist ein echtes Original. Er trägt mit Würde noch immer seinen Erstlack und wurde mit viel Gefühl und Bedacht erhalten. Daher war es – gerade für langjährige Akteure der Lkw-Oldtimerszene – eine große Überraschung, als der „Ketschenburg“ wieder ans Tageslicht kam: Er sieht tatsächlich immer noch so aus wie vor 45 Jahren.