Besonderes Schmuckstück: 31 Jahre lang war dieser MAN F8 6x4-Kipper im Einsatz, fuhr in dieser Zeit aber nur 19.200 Kilometer. Das Traditionsunternehmen Johann Ettengruber hat den MAN perfekt restauriert.
Dass der F8 zwischen 1979 und 2010 nur so wenige Kilometer zurückgelegt hat, liegt an seinem besonderen Einsatzgebiet: Er gehörte zum Fuhrpark der Shell-Werksfeuerwehr. Im Vergleich zu einem Lkw im Transportgeschäft waren also keine weiten Strecken zurückzulegen. Ausgerüstet war der Truck ursprünglich mit einem Aufbau des Löschfahrzeugherstellers Bachert. Damaliger Kostenpunkt ohne Mehrwertsteuer: satte 1,3 Millionen D-Mark.
Das Traditionsunternehmen Johann Ettengruber aus Dachau hat dem MAN F8 6x4-Kipper von 1979 zu seinem alten Glanz verholfen. Viel zu restaurieren gab es allerdings nicht. Trotzdem baute Ettengruber den Lkw fleißig um: Er wurde vom Löschspezialisten zum klassischen Baustellenkipper in traditioneller Ettengruber-Farbgebung mit tatsächlich ungebrauchtem Meiller-Dreiseitenkipper in der damals üblichen Bauart. Ein einmaliges Einzelstück, eine Zeitkapsel.
Einer, der das 45 Jahre junge Schmuckstück besonders gut kennt, ist Josef Schlosser. Er ist ein langjähriger Freund von Johann Ettengruber und ein wahres MAN-Urgestein. Josef begann seine Karriere 1975 als Kfz-Schlosser und brachte es schließlich bis zum Leiter der MAN-Vorentwicklungswerkstatt. „Ein Traumjob vom ersten Tag bis zum Ruhestand“, sagt er. Den F8 hat Josef noch als neuen Lkw kennengelernt. Entsprechend gut weiß er über das Lkw-Modell Bescheid. „Der F8 ist der erste MAN mit kippbarem Fahrerhaus, das war schon eine kleine Sensation“, erklärt Josef. Die Kabine ist vorne an zwei Punkten auf einer Drehstab-Federung gelagert, womit das Kippen völlig ohne Kraftaufwand funktioniert.
Kurios: Sogar an einen selbstfahrenden Prototyp mit langem Fahrerhaus und einer Armada an Computern an Bord kann sich Josef noch erinnern. Ein automatisierter Lkw in den 1980ern! Der Ettengruber-F8 darf aber zum Glück noch per Hand bewegt werden. Für Vortrieb sorgt ein 11,4-Liter-Reihensechser ohne Turboaufladung. 240 PS stehen damit an beziehungsweise 824 Nm. Gekoppelt ist die Maschine an eine Sechsgang-Schaltung aus dem Hause ZF. Eigentlich ist die sogar synchronisiert, Josef fährt aber trotzdem mit Zwischengas und Zwischenkuppeln. Die betagte Technik will geschont und sorglich behandelt werden.
Und wie ist es nun, das Fahren im Veteranen? Erstaunlich komfortabel, von der Federung bis zur Geräuschkulisse. Der Saugdiesel glänzt mit weicher Leistungsentfaltung, die Schaltung mit nachvollziehbaren Wegen. In der großzügig verglasten Kabine (sogar schon mit Bordsteinfenster) herrscht ein luftiges Raumgefühl. Der Sechszylinder trällert sein sympathisches Selbstzünderlied zwar kräftig bis in die Hütte, übertönt aber nicht penetrant Unterhaltungen. Man kann gut quatschen im Oldie, nicht umsonst ist der F8 bereits mit einer Radio-Vorrichtung vom Band gelaufen.
Josef ist die Begeisterung am Steuer anzusehen. Wir wünschen ihm gute Fahrt in diesem perfekt erhaltenen Klassiker!
Hinweis Dieser Artikel erschien ursprünglich im Fernfahrer, Ausgabe 10/2024. Text und Fotos von Julian Hoffmann.