MAN Engines
Kompakter Dachmotor D2676 LE621
Im Fokus:

Komfort dank kompaktem Dachmotor

Der Motor D2676 LE621 von MAN bietet die idealen Voraussetzungen für die innovative Antriebstechnologie des Triebwagens Régiolis von Alstom: Durch die kompakten Einbaumaße und das geringe Gewicht des stehenden MAN Motors kann das komplette Antriebspaket, bestehend aus Dieselmotor und Generator, Kühlanlage, Luftfilter und Abgasanlage, Elektrik und Elektronik auf dem Fahrzeugdach angeordnet werden. Zum einen wird durch den besseren Zugang die Wartung deutlich vereinfacht und gleichzeitig im Innenraum des Fahrzeugs ein durchgängiger Niederfluranteil realisiert, der den Komfort für die Passagiere merklich steigert.

In klassischen Triebwagen werden Antriebe zumeist unterflur angeordnet. Diese Anordnung bietet, im Vergleich mit separaten Antriebsmodulen, unter anderem den Vorteil keinen zusätzlichen Raum für Passagiere zu verlieren. Ein großer Nachteil für diese liegt jedoch in dem konstruktionsbedingten Zugang über Stufen in die Abteile, da kein durchgängiger Niederfluranteil realisierbar ist.

Diesen durchgängigen Niederfluranteil in seinem Schienenfahrzeug Régiolis realisierbar zu machen ist die Vorgabe des französischen Herstellers Alstom an MAN als Motorenzulieferer für die Konstruktion des Powerpacks. Die Besonderheit des Einbaus besteht darin, die vier oder sechs Antriebsanlagen – bestehend aus Dieselmotor mit angeflanschtem Generator, Kühlanlage sowie Steuerung – auf dem Fahrzeugdach anzuordnen.

Strenge Vorschriften

Im Lastenheft des Betreibers ist die Forderung nach einem möglichst kompakten und leichten Motors formuliert. Die Erfüllung der von Anfang 2012 bis Ende 2020 gültigen Emissionsvorschrift IIIB ohne Verwendung eines zweiten Betriebsstoffes ist bei gleichbleibenden oder sogar verbesserten Kraftstoffverbräuchen als bei Motoren aus

Vor- oder Vergleichsprojekten zu realisieren. Darüber hinaus ist neben dem Thema Lärmvermeidung der Brandschutz von zentraler Bedeutung – nicht zuletzt vor dem Hintergrund des geplanten Einbauortes auf dem Fahrzeugdach. Für die Motoren ist eine Abnahme nach UIC 623 gefordert.

Der Régiolis kommt seit 2013 bei der SNCF in Frankreich als Vorortbahn auf Strecken mit hohen Verkehrsaufkommen und kurzen Haltestellenabständen zum Einsatz. Um einen Motor, welcher seinen Ursprung im Straßeneinsatz hatte, für den Einsatz als Bahnmotor anzupassen, sind daher unterschiedliche Anforderungen zu erfüllen: Das Lastkollektiv eines Bahnmotors unterscheidet sich deutlich von dem eines Lkw-Motors. Ebenso kann ein schneller und häufiger Wechsel zwischen den Betriebspunkten erfolgen. Auch gelten im Bahnbereich andere Vorschriften an die Abgasemissionen

Durch den Dacheinbau kann im Innenraum des Fahrzeugs ein nahezu durchgängiger Niederfluranteil realisiert werden. Auf eine vom Passagierabteil zugängliche Wartungsklappe, die bei Unterflur eingebauten Antriebsanlagen notwendig ist, kann komplett verzichtet werden. Um die Antriebsanlage auf dem Dach anordnen zu können, und um die Lage des Schwerpunktes nicht zu weit nach oben zu verschieben, müssen alle Komponenten so leicht wie möglich sein. Der Motor D2676 LE621 erfüllt mit einem Gewicht von 1.125 kg diese Forderung. Ein Antriebspaket wiegt lediglich 3.600 kg.

Technische Motordaten MAN D2676 LE621 für Régiolis von Alstom

Anordnung und Anzahl der Zylinder R6  
Motorbauart stehend  
Homologation nach UIC-623/-624 ja/ja  
Leistung 338/460 kW/PS
bei Drehzahl 1.800 min-1
max. Drehmoment 2.200 Nm
Bohrung 126 mm
Hub 166 mm
Länge 1.630 mm
Breite 970 mm
Höhe 1.030 mm
Trockengewicht 1.125 kg
Abgasstatus EU Stufe 3b  

Umsetzung

Nachdem der auf dem Fahrzeugdach zur Verfügung stehende Platz begrenzt ist, müssen alle Komponenten so kompakt wie möglich sein. Der im Antriebspaket integrierte PM-Kat® benötigt nicht mehr Bauraum als ein herkömmlicher Abgasschalldämpfer wie er bei Lkw-Anwendungen verwendet wird.

Durch den dieselelektrischen Antrieb muss der Motor sehr schnell – auch auf transiente – Laständerungen sowie auf Wechsellasten reagieren. In der Motorsteuerung müssen die Einstellungen der Regelparameter auf diesen Betrieb entsprechend angepasst werden, um neben einem günstigen Kraftstoffverbrauch auch eine entsprechend dynamische Leistungsentfaltung zu ermöglichen. Hohe Mittel- und Zünddrücke bedingen eine steife Konstruktion des Kurbelgehäuses und des Zylinderkopfes.

Kompakter Dachmotor D2676 LE621 Antriebsanlage

3D-Ansicht der Antriebsanlage mit (im Uhrzeigersinn, oben beginnend) Motor/Generator, Kühlanlage, Hydrauliktank, Ausgleichsbehälter Kühlanlage, PM-Kat, Elektronik und Elektrik, Luftfilter, Luftführung für Generator

Das Kurbelgehäuse muss Zünddrücken von 190 bar standhalten. Um dies sicherzustellen, wird das Kurbelgehäuse aus hochwertigem GJV-Werkstoff (Gusseisen mit Vermiculargraphit) gefertigt. GJV vereint die guten Gießeigenschaften von GJL (Gusseisen mit lamellarem Graphit (GJL) mit den sehr guten mechanisch-physikalischen Eigenschaften von GJS (Gusseisen mit Kugelgraphit) [2]. Die Zylinderlaufbuchsen sind austauschbar und ermöglichen so eine kostengünstige und einfache Revision des Motors. Mit der Baureihe D20/D26 wurden bei MAN gecrackte Hauptlagerschalen und Pleuelstangen implementiert. Dieses Cracken gestattet es MAN das Kurbelgehäuse als geschlossene Kastenform zu gestalten. Darüber hinaus werden durch die formschlüssige Bruchfläche Querbelastungen hervorragend aufgenommen.

Eine massiv ausgeführte Kurbelwelle treibt über geschmiedete Pleuelstangen aus hoch belastbarem Stahl die Kolben an. Durch angegossene Gegengewichte ist die Kurbelwelle voll ausgeglichen und sorgt für einen ruhigen und harmonischen Motorlauf. Die Pleuelstangen sind genau wie die Hauptlagerdeckel gecrackt. Aufgrund des anspruchsvollen Einsatzes als Bahnmotor werden die Kolben als einteilig geschmiedeter Stahlkolben ausgeführt. Diese Bauart ermöglicht eine hohe Druckstabilität und Festigkeit gegen thermische Wechselbeanspruchung. Die Kühlung der Kolben erfolgt durch einen ringförmig im Bereich der Ringträger angebrachten Kühlkanal. In diesen wird über Ölspritzdüsen gezielt Motoröl gespritzt.

Beim D26 wird ein durchgehender Zylinderkopf aus GJV mit obenliegender Nockenwelle verwendet; diese betätigt über Rollenkipphebel die vier Ventile pro Zylinder. Das Luftverteilergehäuse zur Verteilung der Ladeluft auf die Zylinder ist im Zylinderkopf integriert. Hierdurch ergibt sich eine einfache Abdichtung der Ladeluftversorgung am Zylinderkopf. Dieser ist in Hinblick auf Kühlmittel und Ölversorgung vom Kurbelgehäuse getrennt, so dass keine Betriebsstoffe des Motors die Zylinderkopfdichtung durchdringen müssen. Dies ermöglicht eine einfache Ausführung der Zylinderkopfdichtung als Blechsickendichtung.

Kompakter Dachmotor D2676 LE621 Kurbeltrieb

2D-Ansicht des Kurbeltriebs mit Pleuel und Kolben

Die Motorkühlung besteht aus zwei getrennten Kühlmittelkreisen. Hierbei versorgt eine große Kühlmittelpumpe den Motorkühlkreis mit Hochtemperatur-Kühlmittel; eine kleinere Kühlmittelpumpe stellt Niedertemperatur-Kühlmittel für den Ladeluftkühlkreis und die Kühlung des elektrischen AGR-Stellmotors zur Verfügung.

Kompakter Dachmotor D2676 LE621 Wasserpumpe

3D-Ansicht der zweiflutigen Wasserpumpe mit integrierter Niedertemperaturpumpe

Dies ermöglicht eine optimale Anpassung der Kühlkreise auf sich ändernde Randbedingungen der kundenseitigen Kühlanlage. Die Kühlmittelpumpe des Motorkühlkreises ist zweiteilig ausgeführt. Dabei ist das Pumpenlaufrad im Anschlussgehäuse der Kühlmittelpumpe untergebracht. An der Kühlmittelpumpe selbst befinden sich lediglich das Laufrad der Pumpe sowie die integrierte Niedertemperaturpumpe. Durch diese Bauart kann sie mit einem vergleichsweise geringen Gewicht dargestellt werden. Dies vereinfacht den Aus- und Einbau der Pumpe im Revisionsfall.

Zur optimalen Bauraumausnutzung werden Ölkühler und -filter sowie Grob- und Feinölabscheider der Kurbelgehäuseentlüftung (Blowby-Abscheider) in einem Gehäuse, dem Ölmodul, zusammengefasst. Die Ölkühlung erfolgt mittels eines Öl-Wasser-Wärmetauschers. Das gekühlte und gereinigte Öl wird in zwei separate Kreisläufe aufgeteilt, Zylinderkopf und Kurbelgehäuse. Die Ölabscheidung des Blowby-Gases erfolgt durch einen rotierenden Scheibenstapel. Das Öl wird durch die Zentrifugalkraft von der Luft getrennt, die Teilchen werden an die Gehäuseinnenwand geschleudert und fließen zurück in die Ölwanne. Die gereinigte Luft wird in den Ladeluftkreislauf eingespeist. Der Separator hat einen hydraulischen Antrieb, auch dieses Öl fließt wieder in den Ölkreislauf zurück. Der Wirkungsgrad des Separators liegt bei einem Durchsatz von 160 l/min bei >98%.

Die Diesel-Einspritzung beim D2676 LE621 erfolgt über ein Common-Rail-Einspritzsystem der Firma BOSCH und arbeitet mit einem maximalen Einspritzdruck von 1.800 bar. Der Kraftstoff gelangt vom Tank über das Kraftstoff Service Center (KSC) zur Vorförderpumpe und anschließend gefiltert zur Hochdruckpumpe. Die Erzeugung des Hochdrucks erfolgt über die ölgeschmierte 3-Kolben-Hochdruckpumpe CP 3.4H+. Die Hochdruckpumpe versorgt das Rail mit Kraftstoff. Dieses bildet den Druckspeicher für die Einspritzung. Vom Rail gelangt der Kraftstoff über die Einspritzleitungen und Druckrohrstutzen zu den einzelnen Injektoren. Die Ansteuerung der Injektoren erfolgt kennfeldgesteuert durch die EDC. Dabei erfolgen bis zu drei Einspritzungen pro Verbrennungstakt.

Die Versorgung des Motors mit Verbrennungsluft erfolgt druckgeregelt über zwei in Reihe geschaltete Abgasturbolader. Die Hochdruckstufe wird bei niedrigen Drehzahlen vollständig mit Abgas beaufschlagt. Hierdurch wird der Füllungsgrad in den Zylindern erhöht und ein sehr starker Drehmomentanstieg erreicht. Bei hohen Motordrehzahlen wird das Abgas zum Teil über ein Wastegate an der Hochdruckturbine vorbeigeführt. Dies führt zu einer höheren Beaufschlagung der Niederdruckstufe. Dadurch wird die Abgasenergie konsequent genutzt, was zu günstigen Kraftstoffverbrauchswerten und einer partikelarmen Verbrennung führt.

In der zugrunde liegenden Bahnanwendung kommt eine elektronisch geregelte AGR mit Lambdasonde zum Einsatz. Die Rückführung der gekühlten Abgase ermöglicht eine niedrigere Spitzentemperatur bei der Verbrennung, so dass weniger Stickoxide gebildet werden. Die AGR-Regelung stellt unter dynamischen Bedingungen für jeden Betriebspunkt des Motors eine optimale AGR-Rate ein. Dies garantiert einen besonders hohen Wirkungsgrad und sparsamen Kraftstoffverbrauch.

Kompakter Dachmotor D2676 LE621 Volllastkurve

Vollastkurve D2676 LE621 (338 kW/1.800 min-1) 600 rpm – 2150 rpm

Die Motorsteuerung übernimmt eine BOSCH EDC7C32. Der MAN D2676 LE621 erfüllt die Abgasnorm der Stufe 3B nach Direktive 97/68/EG im Zyklus C1 und F und ist nach UIC 623 sowie UIC 624 zertifiziert. Der Motor wird drehzahlgeregelt betrieben und treibt einen permanent erregten Magnetgenerator an. Die Motorüberwachung ist den Anfordernissen im Bahneinsatz angepasst, ebenso die Kaltstartauslegung, um der zusätzlich angekoppelten Masse des Generators während des Startvorgangs gerecht zu werden. Die Volllastkurven für Drehmoment und Leistung sind im Diagramm 1 dargestellt. Der Kraftstoffverbrauch bei Nennleistung beträgt 217 g/kWh, im Bestpunkt beträgt er nur 190 g/kWh.

Um die Abgasemission eines Dieselmotors zu reduzieren, gibt es unterschiedliche Strategien. Entsprechend der Kundenvorgabe fällt die Wahl auf einen zweistufig aufgeladenen Motor mit Abgasrückführung in Verbindung mit einem PM-KAT-Filter. Beim PM-KAT handelt es sich um ein kontinuierlich arbeitendes, selbstregenerierendes Abscheidesystem mit offenen Kanälen, wobei das Abgas zuerst einen Katalysatorteil durchströmt. Dort findet die Oxidation von Stickstoffmonoxid NO zu Stickstoffdioxid NO2 statt.

In der zweiten Stufe werden die Rußpartikel in einem gesinterten Metallvlies abgeschieden. Die dort eingelagerten Rußpartikel werden mit dem in der ersten Stufe gebildeten NO2 oxidiert und in gasförmiges Kohlendioxid CO2 und Wasser H2O umgewandelt. Eine Wartung des PM-KAT Filters ist nicht erforderlich. Die Teile des Filtersystems sind komplett in einem serienmäßig verfügbaren Abgasschalldämpfer integriert.

Mit dem D2676 LE621 wurde ein Motor speziell für den Einsatz im Régiolis von Alstom entwickelt. Die Ansprüche an einen im Dach eingebauten Motor erfüllt MAN durch eine sinnvolle Kombination vorhandener und der Entwicklung neuer Technologien: Durch die Verwendung des äußerst hochwertigen Werkstoffs GJV können das Kurbelgehäuse und der Zylinderkopf kompakt und leicht ausgelegt werden. Die geschickte Anordnung der Anbauteile wie Lichtmaschine, Wasserpumpe und Nebenabtrieb erlaubt es den zur Verfügung stehenden Bauraum effizient auszunutzen.

Durch den Verzicht auf den zweiten Betriebsstoff besteht keine Notwendigkeit Einbauraum für den SCR-Tank vorzuhalten. Ein zusätzlicher Gewichtsvorteil entsteht durch die Verwendung des bereits im Schalldämpfer integrierten PM-Kats als Bestandteil der gewählten Abgastechnologie. Dafür wird auf bestehende Serientechnologien und deren Komponenten zugegriffen und diese entsprechend angepasst. Dadurch ist eine wirtschaftliche Entwicklung von Motoren auch für Einsätze mit vergleichsweise geringen Stückzahlen möglich.