17.07.2023
Elektrisch angetriebene Trucks von MAN schonen das Klima – und die Ohren. Eine unabhängige Lärmmessung hat gezeigt, dass die Logistik der Zukunft flüsterleise sein könnte.
Schon früh am Morgen haben sich ein Dutzend Menschen und zwei MAN Trucks auf der MAN Teststrecke in München versammelt. Denn heute steht eine wegweisende Vergleichsmessung auf dem Programm: Wie viel leiser ist ein eTruck im Vergleich zu einem klassischen Diesel-Lkw? Genau das wollen die Mitarbeiter der Peutz Consult GmbH im Auftrag des Fraunhofer IML herausfinden, die in der Morgendämmerung ihre Messgeräte in Betrieb nehmen. Rechts und links der Fahrbahn stellen sie in je 7,5 Metern Abstand geeichte Handschallpegelmesser auf. Außerdem wollen sie die Geräuschpegel der beiden Sattelzüge mit 40 Tonnen Gesamtgewicht mit einer SoundCam aufzeichnen, die die Geräuschquellen der vorbeifahrenden Lkw farblich abbildet.
Jetzt kann die Messung beginnen. Immer wieder passieren der neue MAN eTruck und der MAN Dieseltruck vom Typ MAN TGX 18.510 die Mikrofone, um verschiedene Szenarien untersuchen zu können: Zum einen Fahrten bei 20 km/h mit eingeschaltetem akustischen Warnsystem AVAS – dabei handelt es sich um künstliche Fahrgeräusche, weil erst ab einer Geschwindigkeit von ca. 20 km/h die Abrollgeräusche der Reifen deutlich zu hören sind. Weitere Messungen erfolgen bei 30 km/h sowie beim Rückwärtsfahren mit an- und abgeschaltetem Rückfahrwarner. Zudem werden Daten zur beschleunigten Anfahrt erhoben. Jede Messung wird mindestens zehnmal durchgeführt.
Wegweisend: Erstmals werden die Geräuschemissionen von eTruck und Diesel-Lkw miteinander verglichen.
Nach einigen Stunden stehen die Ergebnisse fest: „Aufgrund der Messungen ergibt sich für den eTruck ein um ca. 6 dB geringerer Pegel für die gleichmäßige Vorbeifahrt bei 20 km/h“, berichtet Michael Wirtz, Projektleiter der Messungen bei Peutz Consult. „Anschaulich bedeutet das Messergebnis, dass ein MAN Dieseltruck so laut wahrgenommen wird wie vier MAN eTrucks. Berücksichtigt man dabei, dass der hier gemessene Dieseltruck bei 20 km/h um etwa 5 dB leiser ist als der typische Ansatz aus der Literatur, erhöht sich der Unterschied zwischen dem eTruck und dem Literaturansatz auf 11 dB. Der eTruck ist damit vom Höreindruck etwa halb so laut wie ein klassischer Diesel-Lkw. Für die beschleunigte Anfahrt ergab sich eine noch deutlichere Pegeldifferenz zwischen den beiden Lkw in Höhe von 12 dB.“ Um die Lautstärkeentwicklung des MAN eTrucks noch besser einordnen zu können, zieht er einen Vergleich mit dem Pkw: „Mit einem Schallleistungspegel von ca. 49 dB(A)/m bei 20 km/h ist der eTruck nur 1 dB ,lauter‘ als der Pkw mit 48 dB(A)/m.“
Für MAN ist das eine gute Nachricht. „Die Messungen zeigen: Unsere neuen MAN eTrucks könnten auch in den Tagesrandzeiten eingesetzt werden, also am späten Abend oder frühen Morgen“, kommentiert Dr. Christoph Jeßberger, Product Strategy Manager bei MAN. „Dadurch eröffnen sie unseren Kunden ein sehr breites Einsatzspektrum und eine hohe Flexibilität. Das bedeutet eine Nutzung bis zu 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche – sofern die gesetzlichen Rahmen dafür geschaffen werden.“
Um das zu unterstützen, haben sich die Experten an diesem Tag auf der Teststrecke versammelt. Denn neue Genehmigungen für Lieferungen in der Nacht oder in den Tagesrandzeiten sind heute oft nur schwer zu bekommen – es fehlt schlicht an Werten, an denen sich die Verwaltungen orientieren können. „Mit der Erstellung eines Handbuchs zu den Geräuschemissionen durch Lastkraftwagen mit alternativen Antrieben bei der Anlieferung im urbanen Raum wollen wir den Kommunen und Genehmigungsbehörden die Arbeit erleichtern“, so Daniela Kirsch, Projektleiterin am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML. „Denn wir haben festgestellt, dass ihnen Daten und Messwerte fehlen, wenn sie beispielsweise über eine Nachtanlieferung im urbanen Raum entscheiden sollen.“
Das will die „Mobilitätsstudie geräuscharme Logistik“ vom Fraunhofer IML ändern, für die heute der eTruck und der Diesel-Lkw zu den Messungen angetreten sind. MAN Truck & Bus beteiligt sich an der Untersuchung, die vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert wird. Sie soll Standards für die Messung von Geräuschemissionen bei Liefervorgängen erarbeiten und wird voraussichtlich Anfang 2024 erscheinen.
Die Niederlande sind auf diesem Gebiet schon einen Schritt weiter und haben den Lärmschutzstandard PIEK entwickelt: Um eine Zertifizierung – etwa für Nachtlieferungen – zu erhalten, werden Lkw und das Transport-Equipment akustisch untersucht. Sie dürfen die vorgeschriebenen Dezibel-Grenzen in 7,5 Metern Entfernung nicht überschreiten. „Wir brauchen eine Lösung wie das PIEK-Zertifikat, an der sich Unternehmen orientieren können“, so Kirsch.
Dank Elektroantrieb entlastet der Elektro-Lkw von MAN nicht nur das Klima, sondern auch die Ohren der Anwohner von Supermärkten, gemischten Industriegebieten sowie letztendlich allen Beteiligten am Straßenverkehr. „Mit dem MAN eTruck möchten wir einen positiven Beitrag für Mensch und Natur leisten“, bringt es Jeßberger auf den Punkt. „Das tun wir vor allem mit der Emissionsfreiheit, aber auch mit der deutlich wahrnehmbaren Lärmreduktion.“
Text: Anke Kotte / Christian Buck
Fotos: MAN