25.11.2022
MAN hat sich zu weitreichenden Klimazielen bekannt. Ein Baustein ist die Kreislaufwirtschaft. Nicole Rostock aus dem Produktmanagement im Customer Service kümmert sich um das Recycling von Batterien und erklärt, welche Ziele verfolgt werden.
NICOLE ROSTOCK: Ja, durchaus. Betrachten wir den gesamten Lebenszyklus einer Batterie, sprechen wir vom First und Second Life sowie vom Recycling. Das First Life ist der reguläre Einsatz der Batterie im Fahrzeug. Je nachdem, wie viel Kapazität sie dann nach dem Fahrzeugeinsatz noch hat – wie es also um den so genannten „State of Health“ steht –, kann sie nach einer Aufbereitung im Second Life zum Beispiel noch als Pufferspeicher für Solaranlagen oder anderswo eingesetzt werden. Danach geht die Hochvolt-Batterie ins Recycling. Das ist der Bereich, um den ich mich bei MAN kümmere. Wir folgen dabei den Vorgaben der neuen Batterieverordnung der EU.
NICOLE ROSTOCK: Aktuell werden rund 70 Prozent einer Batterie recycelt. Dabei handelt es sich vor allem um die Peripherieteile – also die Kupferkabel oder den Metallrahmen aus Aluminium – und natürlich auch um wertvolle aktive Materialien in der Batterie wie Mangan, Kobalt oder Nickel. Das sind wertvolle Rohstoffe, die beispielsweise wieder in die Neuproduktion von Batterien fließen können. Gerade vor dem Hintergrund enorm steigender Rohstoffpreise kommt dem Recycling eine immer wichtigere Bedeutung zu. Theoretisch könnte eine Batterie bis zu 100 Prozent recycelt werden, aber dann muss gewährleistet sein, dass es für alle recycelten Produkte einen Markt und eine Nachfrage gibt, damit das Recycling wirtschaftlich ist. Dies ist aktuell noch nicht für alle recycelbaren Rohstoffe der Batterie der Fall.
NICOLE ROSTOCK: Zunächst muss die Batterie komplett tiefenentladen werden. Danach wird sie in Einzelteile demontiert und nach Materialien sortiert wie zum Beispiel Kabel oder das Gehäuse. Im Anschluss werden die Module geschreddert. MAN setzt bevorzugt das mechanische Verfahren ein, bei dem deutlich weniger CO2 entsteht als beim Einschmelzen. Der Schredder zerlegt die Batterie in ihre Einzelteile. In weiteren Prozessschritten werden Plastik und magnetische Metalle von den wertvollen Rohstoffen getrennt. Das Zwischenprodukt wird als sogenannte Black Mass bezeichnet, aus der im anschließenden hydrometallurgischen Verfahren – einem chemischen Prozess – die wertvollen Rohstoffe zurückgewonnen werden. Die recycelten Materialien werden heute schon in neuen Produkten angewendet, wie zum Beispiel Katalysatoren und Brennstoffzellen. Die sogenannte Schlacke, die bei der Pyrometallurgie entsteht, wird im Straßenbau eingesetzt. Langfristig soll natürlich so viel wie möglich wieder in die Herstellung von neuen Batteriezellen und Modulen einfließen. Außerdem gibt es Bestrebungen, Batterien künftig so zu produzieren, dass sie einfacher zu recyceln sind – also beim Design die Wiederverwertung mitzudenken. Damit könnten auch die Recyclingkosten reduziert werden, und wertvolle Rohstoffe ließen sich leichter zurückgewinnen.
NICOLE ROSTOCK: Richtig. MAN strebt ja in immer mehr Bereichen eine Kreislaufwirtschaft an. Wir sprechen hier von der Herausforderung des „Closed Loop“ oder von „Cradle to Cradle“ – von der Wiege zur Wiege. Im Idealfall bleibt auch die Hochvolt-Batterie zu 100 Prozent in diesem Kreislauf, und es entsteht überhaupt kein Abfall.
NICOLE ROSTOCK: Das ist schwer zu prognostizieren, denn es fehlt schlicht an Erfahrungswerten, wie lange die Batterien in den Fahrzeugen verbleiben. Ich bin aber aktuell bereits dabei, für unsere Servicestützpunkte ein Netzwerk an Recyclern aufzubauen. Ganz konkret besuche ich derzeit mit meinem Kollegen von Scania unsere aktuellen Recyclingdienstleister in ganz Deutschland und Europa, um zu lernen, wie die Prozesse in der Praxis umgesetzt werden und um mir vor Ort anzuschauen, wie diese Unternehmen arbeiten.
NICOLE ROSTOCK: MAN produziert mit dem Lion’s City E seit 2020 einen elektrifizierten Stadtbus in Serie, während die Serienfertigung beim eTruck 2024 anläuft. Darum rechnen wir mit einer nennenswerten Recyclingmenge bei den Hochvolt-Batterien in vielleicht 10 bis 15 Jahren. Dann werden die aktuellen Batterien aus ihrem First und Second Life zurückkommen und müssen recycelt werden.
NICOLE ROSTOCK: Konkret seit Anfang 2022. Als ein „Projekt“ würde ich das aber auch nicht bezeichnen, denn das Batterie-Recycling wird sicherlich dauerhaft ein Teil der Prozesskette sein. Wir arbeiten hier übrigens auch eng mit den Kollegen von Scania und VW zusammen, um Erfahrungen auszutauschen und Synergien auszuloten. Das ist sehr wichtig, da sich in der Branche und der Gesetzgebung viele Dinge schnell ändern und das Thema für alle neu ist. MAN ist darüber hinaus bereits Teil des Recyclingnetzes der Volkswagen Group.
Text: Claudius Lüder
Fotos: MAN / Getty Images