05.04.2023
Vier Monate am Polarkreis bei bis zu minus 40 Grad Celsius, insgesamt 28.000 Arbeitsstunden und 30 involvierte Ingenieure: Der MAN eTruck hat den „Stresstest“ im eiskalten Nordschweden mit Bravour gemeistert.
2024 feiert mit dem MAN eTruck der erste vollelektrische Großserien-Lkw von MAN, der Tagesweiten zwischen 600 und 800 Kilometer erreichen soll, seinen Marktstart. Rund 2.000 Menschen arbeiten derzeit insgesamt an diesem Projekt. Die Entwicklung des leisen Trucks ist schon weit fortgeschritten, doch noch stehen einige Härtetests an. Von Dezember 2022 bis März 2023 wurde der eTruck erstmals in die alljährliche Wintererprobung von MAN in Nordschweden integriert. Und der fernverkehrstaugliche MAN eTruck bewies dabei, dass er auch bei Eis, Schnee und Temperaturen bis zu minus 40 Grad problemlos funktioniert.
Von Dezember 2022 bis März 2023 musste sich der neue MAN eTruck im eiskalten Nordschweden auf Eis und Schnee beweisen. Die Highlights im Video!
„Die Wintertests waren ein voller Erfolg“, so Dr. Frederik Zohm, Vorstand für Forschung und Entwicklung bei MAN Truck & Bus. „Unsere Ingenieure haben den neuen eTruck buchstäblich Tag und Nacht unter den härtesten Bedingungen auf Herz und Nieren getestet“, ergänzt Zohm. „Der Reifegrad ist schon jetzt extrem hoch und das Entwicklungsteam arbeitet mit großer Leidenschaft an den weiteren Erprobungen, um unseren Kunden ein optimales Produkt für den Umstieg auf den CO2 freien Straßengütertransport zu liefern.“ Die MAN Ingenieure waren vier Monate lang rund 28.000 Arbeitsstunden damit beschäftigt, den Lkw bei diesen extremen Wetterverhältnissen auf Herz und Nieren zu testen und zu optimieren. „Der eTruck ist der greifbare und sichtbare Teil der Transformation von MAN“, sagt Jens Hartmann, gesamtverantwortlicher Projektleiter des MAN eTruck.
Damit das Fahrzeug zum Markstart bestens aufgestellt ist, sind neben der Wintererprobung diverse Erprobungen und Bauteil-Validierungen feste Bestandteile des Projekts. „Jede Komponente wird einem Stresstest unterzogen“, erklärt Carmen Theimert, die bei MAN für die elektrische Komponentenerprobung in den Bereichen eMobility und Powertrain verantwortlich ist. „So muss eine Batterie beispielsweise immer eigensicher sein, also funktionale Sicherheit aufweisen. Auch unter schwierigsten Bedingungen.“ Unter anderem müssen Batterien ihre Widerstandsfähigkeit in offenem Feuer, beim Eintauchen in Wasser und bei freiem Sturz auf den Boden beweisen.
Um den neuen MAN eTruck weiter zur Serienreife zu bringen, wurden in Nordschweden an vier Prototypen mit unterschiedlichen Batterie-, E-Motor-, Getriebe-, Achs- und Fahrerhauskonfigurationen des späteren Serienangebotes getestet. Unter anderem das Gesamtenergiemanagement, das Thermomanagement der Batteriepacks, das Zusammenspiel und die Steuerung der Antriebsstrangkomponenten sowie das Ladeverhalten unter den extremen Winterbedingungen.
Ein engagiertes, hochkompetentes und crossfunktionales Team aus neun Entwicklungsbereichen kam am Polarkreis zusammen. „Interdisziplinäre Teams sind der Schlüssel, um den eTruck reif für alle Kundenanforderungen und Einsatzbedingungen zu machen“, erklärt Rainer Miksch, Vice President Vehicle Testing, MAN Truck & Bus. „Denn unser Ziel ist es, mit dem neuen eTruck bereits einen großen Teil des heutigen Anwendungsportfolios elektrisch abdecken zu können“, so Miksch weiter. „Das reicht vom Verteilerverkehr jeder Art bis hin zum schweren Fernverkehr.“
Der CO2-freie Ferntransport von Kühlware in der klassischen Sattelzugkombination wird damit ebenso möglich sein wie die Abholung von Milch beim Biobauern mit dem elektrischen Lebensmitteltankzug oder die geräuscharme und abgasfreie Abfallentsorgung in der Stadt.
Die Wintererprobung war erst der Anfang einer Reihe von zahlreichen Tests, die dem neuen MAN eTruck und seinen Komponenten bis zum Marktstart noch bevorstehen. Neben dem Wintertest in Schweden wird der neue eTruck viele Hunderttausend Kilometer im Dauerlauf auf europäischen Straßen zurücklegen. Außerdem findet im Sommer auch die sogenannte Heißlanderprobung im Süden Spaniens statt – mit Außentemperaturen deutlich über plus 40 Grad und starker Sonneneinstrahlung. Dort werden die Bauteile stark erhitzt und ganz eigene Anforderungen an die Temperierung der Batterien, das Lademanagement, aber auch die Antriebsstrangkomponenten gestellt.
Rainer Miksch erklärt resümierend: „Den unterschiedlichen Einsatzbedingungen mit Blick auf die vielfältigen Anwendungen unserer Kunden gerecht zu werden, ist die Kunst der Nutzfahrzeugentwicklung.“ Aber nachdem der eTruck die Erwartungen des MAN Teams in der Wintererprobung mehr als erfüllt habe, freue sich das gesamte Test- und Entwicklungsteam bereits auf die anstehenden Validierungen und die Sommererprobung, um dem Großserieneinsatz des Elektro-Lkw wieder ein Stück näher zu kommen.
Text: Boris Pieritz
Fotos: MAN