22.03.2022
MAN nimmt seine Lieferanten in die Pflicht, sich in Bezug auf Nachhaltigkeit zu verbessern. Eine besondere Rolle für nachhaltige Lieferketten spielt dabei der Rohstoff Kupfer.
Bei MAN stehen die Zeichen auf Nachhaltigkeit. Darum setzt das Unternehmen nicht nur auf Elektroantriebe und eine klimafreundliche Fahrzeugproduktion – auch die Lieferanten sowie deren Zulieferer sollen einen Beitrag zu mehr Umweltschutz und besseren Arbeitsbedingungen leisten. Dabei möchte MAN seine Geschäftspartner motivieren, aus eigenem Antrieb nach mehr Nachhaltigkeit zu streben. „Unser Ziel ist es, unsere Lieferanten von dem Thema zu überzeugen und sie zu ermutigen, auch ihre eigenen Lieferketten zu optimieren“, sagt Xaver Langlechner, Teamkoordinator Nachhaltigkeit in Lieferantenbeziehungen bei MAN.
Besonders im Fokus stehen 16 kritische Rohstoffe, die der Volkswagen Konzern identifiziert hat und zu denen er Aktivitäten in seinem „Responsible Raw Materials Report“ veröffentlicht. MAN ist dabei für Kupfer und Naturkautschuk verantwortlich, denn VW hat die zentrale Zuständigkeit für diese kritischen Rohstoffe einzelnen Tochtermarken zugewiesen. „Wir kümmern uns konzernweit um das Risikomanagement, die Kommunikation und das Reporting bezüglich der beiden Rohstoffe und möchten dabei möglichst Synergien innerhalb der Volkswagen Gruppe nutzen“, sagt Langlechner.
Schon heute ist Kupfer aus der Nutzfahrzeugindustrie nicht wegzudenken. Es gewinnt im Zuge der Elektrifizierung immer mehr an Bedeutung. Mehr als 800 Zulieferer versorgen MAN mit Bauteilen, die Kupfer beinhalten. Im Rahmen der Transformation hin zur E-Mobilität wird der Bedarf stark steigen: In elektrisch angetriebenen Lkw von MAN wird mindestens doppelt so viel Kupfer wie in den bisherigen Diesel-Modellen enthalten sein. Dafür sind vor allem die Elektromotoren sowie unter anderem Kabelstränge verantwortlich.
Auch aus einem anderen Grund ist Kupfer ein äußerst wichtiges Material: Es kann nahezu ohne Qualitätsverluste und unbegrenzt oft recycelt werden. Dadurch kommt ihm auf dem Weg hin zu einer Kreislaufwirtschaft eine bedeutende Rolle zu. Gleichzeitig hat Kupfer aber auch Schattenseiten: Es wird zwar hauptsächlich in Lateinamerika abgebaut, im Kongo befinden sich allerdings ebenfalls Minen. Dort besteht laut dem bei MAN zuständigen Nachhaltigkeitsmanager Bernd Moßhammer die Gefahr von menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen. Zudem kann es vorkommen, dass bei der Kupferförderung die Gesundheit der Arbeiter sowie die Umwelt beeinträchtigt werden. Weiterverarbeitet wird das Metall oftmals in China, was die Bedenken bezüglich der Einhaltung der Menschenrechte nochmals verstärkt.
Darum hat sich MAN das Ziel gesetzt, eine möglichst hohe Transparenz über die gesamte Lieferkette zu schaffen, was aufgrund der vielen Vorlieferanten eine große Herausforderung ist. „Wir selbst können nicht bis in die einzelnen Minen schauen“, gibt Langlechner zu bedenken. Daher ist MAN seit Oktober 2022 nicht nur Mitglied im Advisory Council, sondern auch offizieller Partner von „The Copper Mark“.
Die internationale Initiative, an der sich auch die Tech-Giganten Google und Amazon beteiligen, will den Abbau und die Produktion von Kupfer nachhaltiger machen. Um das zu erreichen, überwacht sie die Lieferkette des Metalls – von der Mine bis zur Verarbeitung. Zudem stellt sie vorbildlich betriebenen Minen und verantwortungsbewussten Zulieferern anhand von klar definierten Kriterien Zertifikate aus. MAN ist der erste europäische Nutzfahrzeughersteller, der „The Copper Mark“ beigetreten ist. Zudem sitzt das Unternehmen als Partner im Beirat, wo es sich aktiv einbringt. Außerdem ermutigt MAN seine Zulieferer, ihrerseits der Initiative beizutreten und sich zertifizieren zu lassen.
MAN nimmt seine Zulieferer auch sonst in die Pflicht. Eines der wichtigsten Instrumente für ihre Bewertung ist das sogenannte „S-Rating“, das Ende 2020 eingeführt wurde und das ebenfalls von allen anderen Marken unter dem Dach des Volkswagen Konzerns genutzt wird. Dabei handelt es sich um eine Nachhaltigkeitsbewertung, die alle drei ESG-Kriterien Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung abdeckt. Bei letzterem wird beispielsweise überprüft, ob Zulieferer Korruption konsequent verhindern. Die Lieferanten sind verpflichtet, anhand eines Fragebogens nachzuweisen, dass sie alle von MAN vorgegebenen Nachhaltigkeitsanforderungen im eigenen Unternehmen umsetzen. Und sie müssen diese ihrerseits an die eigenen Lieferanten weitergeben.
Das S-Rating ist für MAN ein verbindliches Vergabekriterium im Einkauf. Wenn es den Verdacht gibt, dass ein Zulieferer falsche Angaben gemacht hat oder die Anforderungen von MAN nicht erfüllt, führt MAN vorher angekündigte Nachhaltigkeitsaudits durch. Dabei wird überprüft, ob die gemachten Angaben der Wahrheit entsprechen. Falls Ungereimtheiten auftreten, kann der Lieferant im Ranking abrutschen und im schlimmsten Fall MAN als Kunden verlieren. Selbst juristische Schritte sind denkbar.
97 Prozent der direkten MAN Lieferanten sind in Europa oder der Türkei ansässig. Da zumindest innerhalb der EU eine starke Reglementierung besteht, treten schwerwiegende Vergehen – beispielsweise Umweltschäden – nur selten auf. Trotzdem ist MAN hier wachsam und lässt beispielsweise überprüfen, ob die arbeitssicherheitsrechtlichen Vorgaben in den Produktionsstätten der Zulieferer eingehalten werden. Angestellte seiner Zulieferer sowie deren Geschäftspartner können zudem über ein Onlineportal Beschwerden beispielsweise über ihre Arbeitsbedingungen vorbringen.
Um Risiken entlang der Lieferkette frühzeitig erkennen zu können, setzt MAN auf künstliche Intelligenz. Ein Geschäftspartner scannt im Auftrag des VW Konzerns und der jeweiligen Marken negative Medienberichte sowie Social-Media-Posts, die relevante Zulieferer betreffen. So kann MAN relevante Risiken frühzeitig erkennen und aktiv handeln.
„Das Thema Nachhaltigkeit in der Beschaffung hat bei MAN in den letzten Jahren eine unglaubliche Dynamik entwickelt“, resümiert Moßhammer. Und es wird auch wirtschaftlich immer wichtiger. Im Vertrieb von MAN Elektrobussen ist die Nachhaltigkeit in den Lieferantenbeziehungen laut Langlechner mittlerweile ein wichtiges Verkaufsargument. Er geht davon aus, dass sich diese Entwicklung mit dem fortschreitenden Wandel hin zur E-Mobilität noch verstärken wird, da die Lieferanten bei elektrischen Lkw und Bussen aufgrund der Batterien einen deutlich größeren Anteil an den Gesamtemissionen der Fahrzeuge haben.
Text: Elias Holdenried
Fotos: MAN / Getty Images